Redebeitrag #WomenDefendRojava

oder: warum der Kampf um Frieden und Selbstbestimmung in Nordsyrien ein feministischer Kampf ist.

Unser Redebeitrag zur Rojava-Solidemo am 26.10.2019 in Dresden
Die aktuellen Angriffe der Türkei sind weder überraschend, noch einmalig. Im Gegenteil, sie sind nur der aktuelle traurige Höhepunkt einer ganzen Reihen von Versuchen, die Errungenschaften der kurdischen Frauenbewegung zunichte zu machen. 

Schon Anfang 2018 wurden die kurdisch selbstverwalteten Gebiete in Afrin angegriffen und besetzt. In der Türkei selbst werden Politiker_innen der Opposition verfolgt und ins Gefängnis gesteckt. In Städten mit mehrheitlich kurdischer Bevökerung werden gewählte Bürgermeister_innen gewaltsam abgesetzt und durch Polizeiverwaltung ausgetauscht. Und die Reaktionen der westlichen Welt darauf? Keine. Es gibt weiter militärische Unterstützung durch die anderen NATO-Staaten, es gibt weiter ungebremste Waffenlieferungen insbesondere aus Deutschland, es gibt weiterhin keine internationale Anerkennung der kurdischen Selbstverwaltung. Statt wirksamer Sanktionen gibt es ab und zu verhaltenen diplomatischen Protest. All das hat Erdoğan darin bestärkt, nun den nächsten Schritt zu gehen. Schritt um Schritt sollen demokratisch verwaltete Gebiete und Strukturen wieder der nationalistisch-patriarchalen Herrschaft unterworfen werden. 

Dabei treibt den türkischen Diktator nicht nur das neo-osmanische Streben um eine Position als regionale Großmacht an. Nein, er hat Angst vor dem, was die kurdische Frauenbewegung, was solidarische Internationalist_innen, was die Kämpfe um eine demokratische und gleichberechtigte Gesellschaft in Nordsyrien erreicht haben. Er hat Angst, denn die demokratischen Strukturen in Rojava sind für ihn eine Gefahr. Sie haben sich in den vergangenen Jahren gegen viele Widerstände durchgesetzt. Nun gefährden sie den patriarchalen Machtapparat in der Türkei und seine diktatorischen Bestrebungen.

Denn anders als islamistische Terrorgruppen lässt sich die kurdische Frauenbewegung nicht für imperialistische Zwecke einspannen. Anders als religiöse Ideologien bietet das emanzipatorische Projekt in Rojava eine Vision eines friedlichen und demokratischen Nahen Ostens. Anders als der syrische Nationalismus von Assad strebt der demokratische Konföderalismus nach befreienden und solidarischen Perspektiven. Diese sind dabei nicht auf ein eng abgegrenztes Stück Land, auf eine Bevölkerungsgruppe, auf ein Geschlecht oder eine privilegierte Klasse beschränkt. Sie umfassen ebenso die Achtung der Natur. Und sie umfassen nicht zuletzt auch neue Wege einer nicht kapitalistisch ausgerichteten Ökonomie.

Die Frauen in Rojava haben immer wieder betont: “Wir führen unseren Kampf im Namen aller Frauen der Welt.” Dieser Kampf ist eine Quelle der Inspiration für die sozialen Bewegungen für Emanzipation, Frauenbefreiung und Gerechtigkeit weltweit. Deswegen stehen wir heute in Gedanken an ihrer Seite. Mit der internationalen Kampagne Women Defend Rojava vereinen wir uns gegen Faschismus, Besatzung und Patriarchat. 

Ihre Kämpfe, ob an der Waffe, in der Politik oder im Alltag verdienen unsere Solidarität und Unterstützung.

Wir erheben heute unsere Stimme für die Anerkennung und den Erhalt der autonomen kurdischen Selbstverwaltung in Rojava, für Frieden und Gerechtigkeit in Syrien!

Biji Berxwedane Rojava – Biji YPJ – Jin Jiyan Azadî – Weltweit für Freiheit, Frieden und Emanzipation!

Wir fordern:

  1. unverzügliche Maßnahmen, um die Invasion und Besetzung Nord- und Ostsyriens durch die Türkei sofort zu stoppen!
  2. eine Flugverbotszone zum Schutz von Menschenleben in Nord- und Ostsyrien!
  3. alle Kriegsverbrechen und die Verantwortlichen vor Gericht bringen!
  4. jeglichen Waffenhandel mit der Türkei stoppen und wirksame Sanktionen gegen die Türkei durchsetzen!
  5. die demokratische autonome Verwaltung der Bevölkerung Nord- und Ostsyriens anerkennen!
  6. sofortige Schritte für eine politische Lösung der Krise in Syrien unter Beteiligung von Frauen- und Selbstverwaltungsgremien! 

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